FluXmeister #21

Blog #21

Ich bin wütend. Und ich bin genervt. Zudem gestresst und gemütsmäßig in einer schwierigen Verfassung. Es kommen im Moment viele Dinge zusammen. Da es mich unmittelbar betrifft, natürlich die Situation, dass mein Alltag – mein Lebenskonzept – in Frage steht. Ich bin Musiker. Musiker ohne Bühne. Ein Fisch an Land. Aber was mich gerade in besonderem Maße nervt, sind die Fische, die im Wasser schwimmen und sich beschweren, dass es nass ist!

Ist unser drängendstes Problem, dass wir uns gegen eine Impfpflicht zu wehren haben, die es schon zu Zeiten des Kaiserreichs gab? Gegen die Pocken zwar. Aber warum haben wir mit den Pocken kein Problem mehr in unseren Breiten? Oder ist das drängendste Problem, dass Notverordnungen Politikern in unserem Land ermöglichen durchzuregieren? Was machen wir denn, wenn uns der Himmel auf den Kopf fällt? Schutz suchen? Halte ich für eine angebrachte Maßnahme! Und dann? Bei denen beschweren, die die Unterstände errichtet haben, weil es so dunkel ist? Oder sind Virologen unser drängendstes Problem, die die politische Klasse im Würgegriff halten, um ein Klima der Angst zu erzeugen? Scheiße, geht mir das auf die Eier!

Verdammt, wir leben in einem Land, das mir in einer beschissenen Lage ermöglicht Stipendien zu beantragen. Stipendien, die mir ermöglichen Songs zu realisieren, in denen ich fragwürdige Tendenzen unserer Gesellschaft, der Wirtschaft, der politischen Klasse und die aus meiner Sicht wirklich besorgniserregenden Entwicklungen benenne. Und das deutlich! Wie diktatorisch wird ein Land sein, das mich fördert, genau das zu tun? Und andere das genau so tun können? In dem man seine Unzufriedenheit benennen darf? In dem man frei ist zu sagen was man will, so lange man auf Mittel der Gewalt verzichtet? Und wer tritt denn am militantesten auf? Die Gesichter, die sich beschweren, dass man nicht mehr sagen dürfe, was gesagt gehört!

Was gehört denn gesagt?

Ich für meinen Teil habe es tatsächlich eine Zeit lang so empfunden, dass Konsens war, bestimmte Dinge nicht in die Welt zu posaunen. Und der liberale und freiheitliche Geist mag bisweilen so stark in unserer Gesellschaft gewirkt haben, dass nicht jede Scheiße aus jeder Ritze gekrochen kam. Aber kaum sehen die Rattenfänger Land, ob problematischer gesellschaftlicher Entwicklungen, fangen alle Schafe wieder an zu blöken.

Verdammt, in diesem Verschwörungstheorie-Mist gelten Trump, Putin und Konsorten als Heilsbringer! Geht’s noch? Wenn ich einer Verschwörungstheorie anhänge, dann der, dass dieser Scheiß lanciert wird! Das kommt nicht von ungefähr. Und wird wunderbar gefüttert. Warum sind denn die Heilsbringer Autokraten? Feinde der Demokratie? Feinde eines freiheitlichen Geistes? Fragt euch mal welche Scheiße man euch zum Fraß vorwirft! Und was ihr bisweilen bereitwillig in euch reinstopft!

Letzte Woche telefonierte ich mit einem Mitarbeiter bei der hessischen Kulturstiftung, der deprimiert war, ob der Tatsache, dass kaum Hilfsmaßnahmen angenommen werden, die jedem freischaffenden Künstler zur Verfügung stehen. Tolle Wurst! Aber im Netz lese ich, was alles nicht gemacht wird und wie sehr man uns im Regen stehen lässt. Das gibt’s doch gar nicht! Klar, ist die Situation nicht einfach. Aber was muss ich erleben? Das auch in der Szene, in der ich zuhause bin, der Sündenbock auf den weiden grast, wenn’s eng wird. So, hier fürs Stammbuch aus der Feder des arroganten Herrn: Der Horizont eines Menschen zeigt sich in der Krise!

Zu Beginn der Pandemie habe ich mich an meinen Bundestagsabgeordneten Dr. Tauber, an die Bundesministerin für Kultur und Medien Frau Professor Grütters und an unsere hessische Kulturministerin Frau Dorn gewandt. Alle drei haben mir geantwortet! Alle drei haben mir Zuspruch gegeben. Mir Mut zugesprochen meinen Weg weiter zu gehen, mich aufgefordert durchzuhalten. Alle drei haben mir Links und Anhänge zukommen lassen, mit denen ich arbeiten konnte. Hier wurde aufgezeigt welche Maßnahmen ich in Anspruch nehmen kann, welche Möglichkeiten ich habe, und wo ich Unterstützung finden kann. Auf der Seite der hessischen Kulturstiftung konnte ich einen Newsletter abonnieren. So bin ich immer auf dem neuesten Stand, was es für mich hier in Hessen an Fördermaßnahmen gibt.

Und was soll ich sagen? Mit jedem – ich will nicht lügen, vielleicht gab es Ausnahmen – aber gefühlt mit jedem, mit dem ich spreche, höre ich: Echt? Stipendium? Mail an Politiker? Was soll das denn bringen? Ja, verdammt, es heißt doch, das nur Bildung der Weg zu einem aufgeklärten und selbst bestimmten Leben ist. Und wie ungebildet muss man sein, wenn man die einfachsten Mechanismen unseres Systems nicht kennt und ihnen nicht folgt? Oder durch die Scheiße im Netz so voller Misstrauen ist, dass man sich selbst ins Abseits stellt. Gut gemacht, kann ich da nur sagen!

Die Baustellen, die mich umtreiben, sind andere: Das wir unsere Kinder mit digitaler Scheiße vollpumpen und Angst haben sie vor die Tür gehen zu lassen, weil ihnen was passieren könnte. Das wir unsere Kinder zu führenden Persönlichkeiten einer Wirtschaftselite machen wollen, von der wir alle längst selbst wissen, dass sie uns in eine Sackgasse führt. Das wir auf Menschen Vertrauen, die sich einen Scheiß um unsere tatsächlichen Belange scheren. Sidekick: Was glaubt ihr denn was unser Adolf mit den Springerstiefel-Hirnis gemacht hätte, die blökend durch die Straßen marodieren? Im Straßenkampf verheizt, hätte er sie. Sie an der Front ins offene Messer geschickt, hätte er sie. Und sie für diese Blödheit noch verachtet. Adolf ist tot. Aber es gibt genügend neue gescheite Demagogen, die sich nicht minder ins Fäustchen lachen.

Und das Netz! Ja, das Netz! Das Instrument zur Selbstermächtigung. Zur Freiheit. Wann entfacht eine Bewegung große Kraft? Wenn sie in der Lage ist, eine auf existenziellen Grundrechten basierende Front aufzubauen, gegen die es kein Ankommen gibt. Wir sind das Volk! Und was passiert im Netz? Sämtliche, noch so hirnrissigen Partikularinteressen poppen auf und hunderte, wenn nicht tausende Grüppchen meinen zu wissen, wie der Weg zur besseren Welt aussieht und wer dran Schuld ist, dass dieser nicht beschritten werden kann. Und die gehen sich dann gerne auch mal selbst an die Gurgel oder marschieren unter fragwürdigen Fahnen.

Ich habe lange daran gebaut ein Leben zu führen wie ich es bisher getan habe. Ich bin dafür gegangen, mich nicht in Abhängigkeiten begeben zu müssen, in denen ich Menschen nicht sagen darf was ich denke, weil es für mich Nachteile mit sich bringen würde. Und es ging! In diesem Land. Und jetzt bin ich der oben beschriebene Fisch an Land. Ein Musiker, der meist in geschlossenen Räumen konzertiert, in nicht staatlich geförderten Clubs. Einer der Hauptbetroffenen der Pandemie. Und trotzdem bin ich froh in diesem Land zu leben!

Ich durfte sein, der ich bin. Ohne Einschränkung! Mit Regeln ja! Und viele finde ich schwierig – gerade jetzt wieder! Viele sehe ich kritisch! Mit vielen bin ich nicht einverstanden. Aber ich kann, so sie mich tatsächlich so tangieren, dass ich mich in meiner Freiheit eingeschränkt fühle, politisch aktiv werden, mich an Gerichte wenden. Und ich kann mich bemühen aus meinen Ansichten eine Bewegung zu formen, die etwas in meinem Sinne bewegt. Und das müsste ich in jeder Gesellschaft so tun. Überall gibt es Viele, die es zu überzeugen gilt. Meine Sendung läuft nicht automatisch auf allen Kanälen.

Und ehrlich gesagt ist es genau das, was mich an Idealisten mit großem Sendungsbewusstsein stört: Die Erwartung, dass ihre Sendung auf allen Kanälen läuft. Was passiert, wenn man sich seine Gesellschaft so einrichtet, ist bisweilen auf unserem Planeten zu beobachten. Mir gefallen viele Sendungen nicht. Aber in diesem Land hier darf alles auf Sendung gehen, was sich im Rahmen unserer freiheitlichen Grundordnung bewegt. Und ich bin frei darin zu entscheiden welche Sendung ich sehen oder nicht sehen will. Das ist eine verdammte – und Herrgott nochmal – nicht selbstverständliche Menge!

Also, passt auf gegen wen oder was ihr anrennt und verwechselt persönlichen Unmut nicht mit staatlich verordneter Unfreiheit!

Guten Abend!

 

 

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