FluXmeister #27

Blog #27

FREIHEIT

Warum sind wir als Einzelne und als Gesellschaft oft so wenig in der Lage, uns in Anbetracht von Vielfalt und dem Ermöglichen von Räumen, sicher und wohl zu fühlen?

Warum sehnen wir uns nach einer Verengung von Räumen und Einfalt?

Was ist immanenter und bestimmender Teil unseres Wesens? Eher Kooperation oder eher Selbstbehauptung?

In diesen Fragen liegt für mich begründet, in welche Krisen wir als Gesellschaft geraten können, obwohl es uns vergleichsweise gut geht. Entscheidend sind hier wohl nicht Statistik, Messbarkeit, Fakten und Information. Sondern Gefühl und Intuition.

Was machen wir mit unserer Intuition, die uns das Gefühl gibt, dass etwas nicht stimmt? Das etwas nicht richtig ist? Das wir am Nasenring durch die Manege geführt werden? Das wir nicht Mensch der Lage sind?

Sie negieren ist keine Option. Aber ihr auf den Grund zu gehen schon!

Kann ein Leben gelingen und erfüllend sein, wenn wir die Verantwortung für den Umgang mit basalen und existenziellen Grundlagen unseres Zusammenlebens abgeben? Wärme, Essen, Wohnen, Kultur,… sprich Energieversorgung, Land- und Viehwirtschaft, Wohnungsbau, Kunst- und Kulturbetrieb,…

Ich beantworte die Frage mal mit einem polarisierenden: NEIN!

Es braucht das Gefühl der Selbstermächtigung. Das Gefühl gestalten zu können und nicht abhängig zu sein. Erst dann signalisiert mir meine Intuition, dass mein Leben – vielleicht schwierig und herausfordernd -, aber richtig ist!

Wenn unsere Intuition uns vermittelt, dass etwas nicht stimmt, lohnt es aus meiner Sicht in erster Linie danach zu schauen, was es konkret braucht, um glücklich zu sein. Das wir uns hier fortwährend selbst beschränken und aus Angst verharren – ich schreibe hier selbstredend auch von mir -, scheint uns wohl zu erbärmlich, um als Einsicht auszureichen.

Im Außen muss es etwas geben, was geändert gehört. Welche Erwartung erwächst daraus? Offenbar häufig nicht die, für das eigene Leben die Gestaltungsmacht zu nehmen, sondern die, dass es eine harte Hand braucht, die alles störende beiseite räumt und sich für meine individuellen Rechte einsetzt. Und für die Gruppe, der ich mich zugehörig fühle.

Hier möchte ich Georg Simmel zitieren, der sehr spannend zum Thema Individuum und Kollektiv referiert und geschrieben hat:

“[…] nur wenn man Wechselwirkungen erforscht, begreift man, warum Individualisierung und Vergesellschaftung sich nicht ausschließen, sondern bedingen. Individualität muss durch Rechte geschützt werden. Wenn nun meine Rechte deshalb gelten, weil ich ein Individuum bin (und nicht etwa Angehöriger einer bestimmten bevorzugten Schicht), dann gelten diese Rechte zwangsläufig für alle. Das aber ist von enormer Bedeutung für das gesellschaftliche Zusammenleben. Individualität und Gleichbehandlung vor dem Gesetz gehen Hand in Hand. Und das bedeutet: kein Individualismus ohne Kollektivismus!” 

Von daher steht auch der größte Individualist nicht außerhalb der Gesellschaft. Freiheit für das Individuum ist nur durch Sicherung der Menschenrechte und durch Gleichheit vor dem Gesetz möglich. Mich den Dingen, die ich für lebens- und liebenswert ohne Vorgaben und Einschränkungen widmen zu können, wird nur möglich, wenn – ohne Ausnahme! – jedem Menschen die gleichen Rechte zugestanden werden. Was aus meiner Sicht sogar schon zu ermöglichend klingt. Denn wer sollte das ermöglichen? Wer sollte die Macht haben das als vermeintliche Spielart zu gewähren? Humanismus als Experiment?

Nein! Nach meiner Überzeugung liegt diese Freiheit in uns. Sie ist nicht in Frage zu stellen. Wir sind alle gleich.

Warum ist dann dieses Ideal so wenig zu leben? Und warum haben wir uns eine Welt geschaffen, in der wir durch soziokulturelle Prägung auch ganz konkret erfahren, dass wir mit Toleranz und Ermöglichung an unsere Grenzen kommen? Ja überhaupt Grenzen geschaffen haben? Damit mögen sich schlauere Menschen beschäftigen…

Nur sagt mir meine Intuition dass der Weg, Menschen, die mir fremd sind, die mir Angst machen, ja, die ich als bedrohlich wahrnehme, auszugrenzen und für mein Unglück verantwortlich zu machen, nicht die Lösung meiner Probleme sein kann. Aus Angst anderen Angst machen. Wo soll das hinführen?

Welches Grauen und welches Klima der Angst Gesellschaften erzeugen, in denen Individualität einer kollektiven Ideologie weichen muss, haben gerade wir sehr deutlich erfahren.

Und was mich hier besonders erschüttert, ist, dass Gruppen, die Verhalten, Haltungen, Lebenswege, ja ganze Menschen aburteilen und negieren, genau mit der Rhetorik arbeiten, die Freiheit als Unfreiheit diffamiert. So ist von Sprechverboten die Rede, zwanghaftem Veganismus, von Leuten, die uns Öl- und Gasheizungen aus den Kellern reißen. Von Menschen, die uns zum Impfen zwingen, was auch immer…

Und so werden sämtlich Aspekte eines zunehmend liberaleren und freiheitlicheren Zusammenlebens, wie  Inklusion und Menschen mit unterschiedlichsten Anschauungen und Orientierungen, als etwas dargestellt, was uns Freiheit nimmt, statt Freiheit zu ermöglichen. Elitäre Phantasien beflügelt…

Was ist denn freiheitlicher, als zu sich selbst zu stehen und sich ohne Gefahr für Leib und Leben – ohne Denkverbot und Ausgrenzung – zeigen zu können?

Ja, es gibt viele Angebote. Und es gibt viele Spielarten des Seins. Das kann mich bisweilen auch irritieren oder auch abschrecken. Aber in unserer Gesellschaft haben wir die Freiheit diese Angebote in einem demokratischen Sinne zurück zu weisen und können tun und lassen, was wir wollen, so lange wir nicht Leib und Leben anderer, sowie demokratisch legitimierte Gesetzmäßigkeiten verletzen.

Und ja! Da liegen Fallstricke drin. Da liegen Lobby-Interessen drin. Da liegt Unfreiheit drin! Und hier gilt es achtsam zu sein. Aber lassen wir uns nicht Sand von denen in die Augen streuen und in Stellung gegen Freiheits- und Menschenrechte bringen, die nicht für unsere, sondern für ihre eigenen Interessen handeln.

Nicht die öffentlich rechtliche Medienlandschaft oder die progressiven Kräfte dieses Landes stiften Unfreiheit. Sondern die, die diese Stimmen zum Schweigen bringen wollen. Und ich will damit nicht sagen, dass diese Kräfte bedingungslos schalten und walten sollen. Die gehören genauso scharf beobachtet wie alle anderen auch. Aber diese Kräfte wollen vom Grundsatz ermöglichen und nicht vom Grundsatz negieren.

Wir sind alle von der abstrakten Vermittlung von Szenarien und Zusammenhängen abhängig. Vieles, was unser Weltbild schärft ergibt sich nicht aus dem Konkreten. Konkret stehen uns nur unsere Sinne und unser  Erfahrungshorizont zur Verfügung. Sonst nichts! Alles andere bildet sich aus den Dingen, die wir lesen, die wir uns erzählen lassen, die wir unabhängig unseres Erfahrungshorizonts als intellektuellen Prozess verinnerlichen.

So sind wir alle samt uns sonders einer Propaganda ausgesetzt. Der Propaganda der Quellen, derer wir uns bedienen. Das ich hier ein Freund der Wissenschaft bin, mag niemanden verwundern. Denn auch wenn letztlich auch die Wissenschaft ein Glaubensmodell und Lobby-Interessen ausgesetzt ist, so bestimmt sie ihre Wahrheiten durch ein sich ständig selbst überprüfendes Kollektiv und nicht durch eine/n, der uns sagt was richtig und was falsch ist.

Trotzdem! Wenn unsere Intuition sich meldet und Gefahr signalisiert, dann bin ich sehr der Meinung, dass es Sinn macht sich dem Konkreten zuzuwenden, als im Abstrakten Wahrheiten oder Schuldige zu suchen.

Einen wundervollen Spätsommer wünsche ich euch!

FluXmeister #26

Blog #26

Individuum – Kollektiv

Ich und die anderen

Ich oder die anderen

Ich und das Virus

Wir und das Virus

Jedem ist seine persönliche Freiheit zugestanden. Mir ist zwar überhaupt nicht nachvollziehbar, wieso in dieser Zeit nicht die kollektive Freiheit einer Gesellschaft Vorrang hat, sondern bisweilen individuelle Persönlichkeitsrechte als wichtiger erachtet werden. Aber hier geht es wohl eher ums Prinzip, als um die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit.

Die Debatte wie Menschen handeln würden, wenn sie nur anders oder besser informiert wären, ist in der Lage, in der wir uns befinden aus meiner Sicht eine unzulängliche Debatte. Weder Pro noch Contra helfen bei der Bewältigung der Krise. Im Prinzip für jede Art einer faktenbasierten Debatte offen, führt Deutungshoheit als Selbstzweck nicht zum Ziel.

Es ist Konsens in unserer Gesellschaft, auf ein Weltbild zu vertrauen, das sich dem Messbaren zuwendet. Und hier ist vieles eingepreist, was nicht sichtbar ist! Denn Vieles, was nicht sichtbar ist, ist trotzdem messbar. Nun gibt es auch Menschen, die darauf vertrauen, dass auch was nicht messbar ist, einen Effekt hat. Hierüber ist aber, von Traditionen abgesehen, genau so wenig ein gesellschaftlicher Konsens zu bilden wie über den Glauben. Deswegen soll und darf auch jeder seinen eigenen Glauben haben und ausüben. Ebenso wie sein eigenes Weltbild.

Wenn es aber um Katastrophen geht, die uns alle betreffen, verlassen wir uns zu recht auf gesellschaftlichen Konsens. Und das ist bei uns – wenn es nach mir geht: zum Glück – der, der Messbarkeit. Sicher, es gibt auch den Konsens der Erfahrung. Aber wer hat die Deutungshoheit gemachte Erfahrungen einzuordnen? Es dürfte doch wohl sehr manipulativ zugehen, wenn Erfahrung nicht durch Messbarkeit Beleg findet.

Deutungshoheit ist immer ein sehr schwieriges Thema, ich weiß. Und auch das Weltbild vermeintlich objektiver Messbarkeit wurde und wird oft missbraucht und zu manipulativen Zwecken genutzt. Hier braucht es aber einen souveränen Umgang mit Information und Einordnung von Fakten. Und nicht das Infragestellen des Prinzips Messbarkeit.

Es gibt viele Dinge zwischen Himmel und Erde, geschenkt… Und wir werden in Zukunft vielleicht auch immer mehr Dinge mess- und dadurch belegbar machen, die uns in unseren derzeitigen Überzeugungen umdenken lassen. Bei Gefahr im Hier und Jetzt will ich jedenfalls Gefahrenabwehr auf Höhe der Zeit, basierend auf gesellschaftlichem Konsens. Und wenn es brennt, rufe ich lieber zuerst die Feuerwehr, als alternative Löschmethoden zu diskutieren. In sicheren Zeiten bin ich dann gerne wieder dabei getroffene Konsense in Frage zu stellen und über Wege zu streiten, die aus meiner Sicht sinniger sind, als die, auf denen wir gewohnt sind zu wandeln.

Das würde wieder ganz anders aussehen, wenn wir in einem Staat leben würden, der nicht so verfasst ist, wir der unsrige. Aber so wie er verfasst ist, zweifle ich weder an der Katastrophe, noch an den empirischen Methoden ihrer Bekämpfung. Und wenn man die Profitgier handelnder Unternehmen und Institutionen als gefährlich empfindet. Manche ihrer Produkte und Güter nicht minder. Produktionsprozesse, Vertriebswege, etc. Dann ist das ein Punkt über den sich trefflich streiten lässt. Aber jede Glaubensrichtung und Anschauung hat ihren Markt, ihre Abgründe, ihre Gier, ihr Dogma, ihre Irrungen.

Statt nun zu streiten welche Irrungen weniger oder mehr verirrt sind, sollte man nach meiner Ansicht basierend auf gesellschaftlichem Konsens konsequente Gefahrenabwehr betreiben. Wenn ein Weg – wohlgemerkt; konsequent beschritten! – nicht zum Ziel führt, kann man immer noch Plan B anwenden. Und es spricht auch überhaupt nichts dagegen Plan B zu diskutieren. Aber nicht ohne Plan A weiter konsequent zu verfolgen und mitzugehen. Alles andere ist wenig hilfreich!

Ich habe jedenfalls gestern meine dritte Impfung erhalten. So what? Was lässt einen glauben, dass genau das des Teufels sei? Wenn es um Heilung geht sind wir bereit was weiß ich was machen zu lassen und alles Mögliche in uns reinzustopfen. Da höre ich von Leuten, die sagen: „Und wenn es mich erwischen sollte, dann mache ich halt eine Immuntherapie.“ Das ist mal eine Maßnahme, die nun wirklich eine Erschütterung für unseren Körper bedeutet.

Ihr Zweifler, ihr Ängstlichen und ihr Freiheitskämpfer, seid gegen die Impfung und für mehr persönliche Freiheit. Aber lasst euch von fachkundigen Ärzten beraten. Es geht um eine Ausnahmesituation. Ich würde auch ins brennende Haus rennen, um meine Familie zu retten, wissend, dass Rußpartikel einzuatmen keine gesunde Veranstaltung ist. Abgesehen davon sind moderne Impfmedikamente zwar nicht ohne Risiko aber doch so sicher wie noch nie in der Geschichte der Impfungen. Es sei denn wir verlassen wieder den Konsens des wissenschaftlichen Prinzips der Messbarkeit. Und ich will mich nicht zu oft wiederholen.

Ein Fakt ist nicht weg zu diskutieren: Durch Covid-19 kommen mehr Menschen zu Tode als durch sämtliche sinnigen Maßnahmen der Bekämpfung.

So, das meine Abhandlung dazu. Und jetzt noch meine Emotion:

Es geht mir scheiße nochmal auf die Eier, dass ich jetzt wieder zuhause sitzen darf und darauf warte, dass mir eine Veranstaltung nach der anderen abgesagt wird. Und mir wieder irgendwelche Vögel was von individueller Freiheit erzählen und wie katastrophal die Folgen der Coronabekämpfung seien. Ja, verdammt, wenn wir alle die Arschbacken zusammen gepetzt hätten und uns an den Rat der Wissenschaft gehalten hätten, dann bräuchten wir diese bigotten Mahnungen nicht weiter zu ertragen. Dann wäre der Scheiß Geschichte. Endemisch in die Liste der kursierenden Viren eingepreist, fertig. Und alle hätten ihre persönliche Freiheit zurück.

Und selbst wenn, und dieses selbst wenn schreibe ich nur unter Protest. Selbst wenn der Weg der Impfungen nicht der sichere Weg aus der derzeitigen Lage wäre; selbst dann ist er es Wert konsequent gegangen zu werden. Alleine um zu schauen, ob er tatsächlich funktioniert. Was hat man zu verlieren? Ich habe in meinem Leben weit schlimmere Dinge zu ertragen als eine Impfung. Im Zweifel auch eine Impfung von der ich nicht überzeugt wäre.

Als jemand, der in sicheren Zeiten Autoritäten und systemische Muster von höchst zweifelhafter Nachhaltigkeit streitbar in Frage stellt, ist es für mich schwierig  diese Zeilen abzusetzen. Denn an sich möchte ich jedem und jeder zugestehen mit ihrem Leben so umzugehen, wie sie es für richtig halten. Was ich aber gelernt habe ist, dass in einer Pandemie eine Debatte über persönliche Freiheit zu kurz greift.

Kommt gut durch diese Zeit!

FluXmeister #25

Blog #25

Wie funktioniert Gesellschaft in Zeiten der Krise? Wie weit reicht unsere Verantwortung über unser eigenes Dasein hinaus? Bedeutet Mitbürger zu sein, solidarisch zu sein? Bedeutet Weltbürger zu sein, solidarisch zu sein?

Nun, was sich mir bisweilen deutlich zeigt, ist die Argumentation aus einer Kälte heraus. Aus einem Mangel an Empathie. Ich könnte es als ein Überbleibsel aus der Verblendung der Wissenschaft betrachten. Als den Irrweg des evolutionären Humanismus. Des vermeintlich wissenschaftlich begründeten Up – und Downgrades unterschiedlicher Ethnien, der Vorstellung der unterschiedlichen Rassen und ihrer vermeintlich objektiven evolutionär bedingten Qualität, der Einteilung in lebenswertes und lebensunwertes Leben. Schlicht der Überführung dieses biologistischen Irrwegs in den Faschismus. Um es weniger intellektuell zu formulieren: Der Stärkere setzt sich durch!

Für mich wird hier allerdings deutlich, dass Wissenschaft nicht im luftleeren Raum stattfindet, sondern eine Weltsicht zu begründen sucht, die in uns Menschen liegt. Das birgt viele Abgründe. Der Vorteil der wissenschaftlichen Methode – so man sie ernst nimmt – liegt schlicht daran, dass man bereit ist, eine Hypothese in Frage zu stellen, evidenzbasiert zu korrigieren oder zu festigen. Mein vorhergehender Blog hat sich intensiv mit Glaubenssätzen beschäftigt. Der Vorteil der wissenschaftlichen Methode ist aus meiner Sicht, den Aspekt des Zweifels zu institutionalisieren. Eine Weltsicht auf Möglichkeiten zu bauen und nicht auf Dogmen. Nun kommt wohl schnell die Assoziation, dass der Begriff Möglichkeit auf Sand gebaut scheint, während der Begriff Dogma ein Fundament aus Beton verspricht. Beides führt in seiner extremen Form zu für uns lebensfeindlichen Räumen…

Also, der Stärkere setzt sich durch… Der evolutionäre Humanismus hat vermeintlich objektiv zu begründen gesucht, was in uns Menschen ist. Das bei dem Kampf des Lebens in einem vermeintlich lebensfeindlichen Universum – in unserer lebensfeindlichen Welt – auf Einzelschicksale keine Rücksicht genommen werden kann. Und auch wenn wir in unmittelbarer zeitlicher Nähe, als moderne Menschen, die Erfahrung gemacht haben, in welchen Abgrund führt, wenn wir der Evolution helfen dem beschriebenen Werk konsequent zur Wirkung zu verhelfen, fallen Menschen doch immer wieder diesem Fatalismus anheim. Und auch wenn sämtliche wissenschaftlichen Zweige – und der aus meiner Sicht gesunde Menschenverstand – immer eindrücklicher belegen, dass der Schlüssel für erfolgreiches Dasein, auch für zukünftige Generationen jedweder Art, die Diversität ist. DAS KRIEGST DU AUS UNS NICHT RAUS!!!

Es gibt die Lehrmeinung, dass Selektion in unserer archaischen Entwicklung überlebensnotwenig war. Das reflexartige Angst vor Unbekanntem Überleben gesichert hat. Das mag für das Rückenmark zutreffen. Aber wir haben ein Hirn und durchaus die Möglichkeit unsere Reflexe zu hinterfragen. Damit will ich nicht der rein vernunftbezogenen, sich auf den Logos berufenden Weltsicht das Wort reden. Damit sind wir im silicon valley gelandet. Einer technikgläubigen Effizienz- und Optimierungsmaschine, die uns mehr zu verbesserungswürdigen Maschinen macht, als uns als Teil des Tierreichs zu begreifen. Das als Dogma ist aus meiner Sicht ebenfalls kein Heilsversprechen. Jede Disziplin, die sich damit beschäftigt unsere Psyche zur Genesung zu verhelfen, führt uns aus dem Computer-Ich, in ein naturbezogenes Sein zurück…

Aber egal welche Argumentation herhalten muss, um den Kernsatz, an dem ich mich abarbeite, zu begründen. Für Lebewesen, wie wir es nun mal sind; die in der Lage sind, die Echowirkung ihres Handelns zu erfassen und zu reflektieren, ist aus meiner Sicht nicht zulässig, sich mit diesem Satz aus der Verantwortung zu stehlen. Achtung Polemik:

In unserer modernen Welt setzt sich nicht der Stärkere durch, sondern schwächliche Psychopathen und Narzissten, Dogmen und Ideologien, die nicht bereit sind Diversität zu akzeptieren. Die nur bereit sind Verantwortung für ihre Sippe oder ihre Kernfamilie oder gar nur für sich selbst zu übernehmen. Oft sogar nicht mal das. Und ihr Lebenszweck ist der, innerhalb der Sippe, Kernfamilie oder ausschließlich vor sich selbst, den Status des Gewinners zu erlangen.

Zurück zur Sache: Natürlich ist es große Herausforderung, sich zu verantworten. Schon alleine vor sich selbst, geschweige den vor anderen. Und moralische Ansprüche können uns bisweilen klein fühlen lassen, uns Dinge nicht mehr genießen lassen, die uns das Leben lebenswert machen. Aber dann macht es doch Sinn den Anspruch, den wir an andere und uns selbst stellen zwar nicht zwingend zu verringern. Entwicklung braucht Ansprüche! Aber doch zumindest ein Scheitern zuzugestehen. Widersprüche zuzugestehen. Die eigenen, wie auch die der anderen. Die Moral, die aus Verantwortung erwächst nicht als Last zu empfinden, die uns die Lust am Leben nimmt. Zugegebenermaßen schwer bei unserem theologischen Erbe…

So haben wir – und ich zähle mich definitiv dazu – moralischen Menschen viele verloren, die wir zu überzeugen suchen. So überzeugend unsere Argumente daherkommen, so sehr begleitet sie der Geruch der Moral, bei dem sich viele die Nase zuhalten und sich abwenden. Mit denen kommen wir nicht mehr in einen integrierenden Diskurs. Und was machen wir Moralisten dann? Wir zermetzeln uns dann gerne mal gegenseitig mit den unterschiedlichen Graduierungen der Moral. Denkt das mal bis zum Ende durch. Es bliebe die eine alternativlose Art zu handeln, die alles mit allem in Ausgleich bringt.

Herrjeh…

Schaut bisschen last one laughing, begegnet Drama auch mit schwarzem Humor, verzeiht euch eure Widersprüche und eure Dogmen. Aber denkt – bestenfalls handelt – verantwortlich und solidarisch. Und wenn ihr dabei an euren Ansprüchen scheitert, und auch wenn ihr keine Lust habt moralische Ansprüche an euch selbst zu stellen, dann unterstützt Menschen, die dies tun. Gebt ihnen eure Stimme. Und beschimpft sie nicht dafür, dass sie empathisch sind oder euch eure Selbstbezogenheit unter die Nase reiben. Und genau so würde ich mich freuen, wenn Leute wie ich dies auch nicht mit erhobenem Zeigefinger tun. Und weiter das Hohelied der Diversität singen, statt sich an vermeintlichen Unmenschen abzuarbeiten.

Lasst es euch gut gehen und bleibt gesund.

Joachim

FluXmeister #24

Blog #24

Wohin geht die Reise?

Welche Geschichte möchte ich erzählen? Ich weiß es nicht genau. Ich weiß nur, dass mein Bedürfnis ist, meine Reflexionen in Worte zu fassen.

Jede Geschichte, die wir erzählen ist menschengemacht. Jede Geschichte, die wir glauben ist menschengemacht. Jede Moral, jede Ethik bezieht sich auf einen Mythos, der uns glauben lässt. Wir alle glauben. Wir alle Wissen nicht. Was bedeutet zu wissen?

Zwei Definitionen habe ich gefunden:

1. Durch eigene Erfahrung oder Mitteilung von außen Kenntnis von etwas, jemandem haben, sodass zuverlässige Aussagen gemacht werden können
2. Über jemanden, etwas unterrichtet sein; sich einer Sache in ihrer Bedeutung, Tragweite, Auswirkung bewusst sein

Prima! Hier hat es doch wohl mehr Frage- als Ausrufezeichen! Eigene Erfahrung: Was bedeutet das? Wie ordnen wir diese ein? Kenntnis von außen: Was bedeutet außen? Wer oder was ist für außen relevant? Zuverlässige Aussagen: Definiert eigene Erfahrung diese Zuverlässigkeit? Definiert das Außen diese Zuverlässigkeit? Wenn ja, zurück zum zweiten Fragenkomplex: Was bedeutet außen? Wer oder was ist für außen relevant? Und das nur die ersten Fragen, die mir in den Sinn kommen zu Punkt 1.

Zu Punkt 2: Bedeutung, Tragweite, Auswirkung – BAM! Jeder Mythos, jeder Glaube, jede Geschichte, die unser Leben prägt, füllt diese Vokabeln mit unterschiedlichen Wahrheiten.

Dem allen liegt der für mich ultimative Fragenkomplex zugrunde: Was ist richtiges und was ist falsches Handeln! Hierzu gehören Begrifflichkeiten wie Moral, Wahrhaftigkeit, Mitleid, Empathie, Konkretes, Abstraktion, Instinkt, Überleben, der Einzelne, die Gruppe oder die Herde, Innen, Außen. Und was ganz spannendes: Das Synonym für richtig und falsch: Gut und Böse!

Wenn ich mir den Glauben anschaue, der unser abendländisches Denken prägt, sprechen wir von dem einen allmächtigen Gott. Aber wir sprechen auch von dem Konzept des Himmels und der Hölle, von Gottes Widerpart Satan. Zwei gänzlich unterschiedliche Erzählungen. Von beiden sind wir wohl seit Zeiten der Aufklärung nur noch bedingt überzeugt; trotzdem wird mir nahezu jeder abendländische Mensch zustimmen, wenn ich behaupte, dass diese Ideen ein Begriff sind und einen mehr oder weniger starken Einfluss auf seine/ihre Prägung hatten.

Aber schon hier müssen zwei Konzepte miteinander verknüpft werden, die, so man sie mit logischem Ansatz durchdringt, nicht miteinander vereinbar sind. Das eine: Der eine allmächtige Gott, der alles erschaffen hat. Aus dieser Allmacht lässt sich ein ultimatives Ordnungskonzept ableiten, das Gut und Böse beinhaltet; das alles beinhaltet! Der Wesenszug der Allmacht. Vom größten Großen bis zum kleinsten Kleinen.

Dem gegenüber steht das Konzept der zwei Mächte: Gut und Böse. So es diese beiden Mächte gibt, gibt es auch keinen einen Allmächtigen. Sondern zwei Kräfte, die um die Allmacht streiten, um das eine Ordnungskonzept ringen.

Und erneut Fragen, die sich mir stellen: Die Allmacht definiert ein allgemeingültiges Ordnungskonzept. Wenn dem so ist, warum gehört zu diesem Konzept all das was durch Einhaltung der 10 Gebote vermieden werden soll? Will der Allmächtige die Versuchung und das Abgründige, ja alles was uns in unserer Welt so erschreckend und bisweilen unendlich bedrückend erscheint, damit wir daran wachsen, lernen und üben?

Oder eben das Konzept der beiden Kräfte: Gott und Satan. Hier gibt’s keine allumfassende Ordnung, keine Allmacht. Aber immerhin ein plausibles Konzept für die Dualität: Gut und Böse, Dunkel und Licht, Richtig und Falsch.

Wie man es dreht und wendet: Philosophisch betrachtet sind diese Konzepte nicht miteinander vereinbar. Das soll niemanden daran hindern an beides zu glauben. Schließlich wird ohnehin geglaubt was geglaubt wird. Ob ich klug daher schreibe oder nicht…

Was mich dabei umtreibt ist schlicht, dass genau das uns Menschen ausmacht. Wir wissen nicht, wir glauben. Und trotzdem sind wir bereit für Überzeugungen zu diffamieren, auszugrenzen und sogar zu töten. So widersinnig unsere Überzeugungen bisweilen sein mögen.

Und Dinge haben sich grundlegend geändert im Laufe der Menschheitsgeschichte. Dinge, die uns weit mehr über uns verstehen lassen, als der jeweilige Glaube, der vielleicht viele Genrationen in seinen Anschauungen eint, die uns ermöglichen als unüberschaubares Kollektiv miteinander zu funktionieren. Aber egal, ob wir es Christentum, Hinduismus, Kommunismus, Kapitalismus, Wissenschaft oder was auch immer nennen. Kein Glaubensmodell umspannt die gesamte Entwicklung der Menschheit. Keines hat alle Zeiten überdauert!

Am sympathischsten ist für mich das Modell der Jäger und Sammler. Sie waren Animisten. Menschen, die ihre Umwelt beseelt haben. Dieser Glaube bedingt eine Achtsamkeit allem gegenüber, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen. Nein, ich will nicht zurück in die Höhle… Aber man muss doch wohl zur Kenntnis nehmen, dass sämtliche Glaubensmodelle, die sich vom Animismus entfernt haben, unsere Umwelt nur als einen Erfüllungsgehilfen der Menschheitsgeschichte wahrnimmt.

Unsere monotheistischen Glaubensvorstellungen haben sogar den Nachteil, dass das Konzept der Allmacht nur den einen wahren Gott zulassen kann. Wie allmächtig ist Gott, wenn es daneben noch den allmächtigen Allah gibt? Bis sich die großen Weltreligionen geeinigt haben, wer nun das Recht der Allmacht für sich beanspruchen darf, werden wir weiterhin die emotionalen Wesen bleiben, die bestmöglich um ihr Überleben ringen und die Grenzen unserer Wahrnehmung erforschen.

Und hier gibt es spannende Entwicklungen. So haben wir z.B. die Idee überwunden, das alles Wissen schon vorhanden ist. So wir an den Schöpfungsmythos glaubten, finden wir alle Antworten im heiligen Buch. Und so mussten wir lediglich theologisch umfassend gebildet sein, um über das Wissen zu verfügen. So dachten und handelten sämtliche Kulturen in der Menschheitsgeschichte. Denn ohne eine Macht, die all unsere Fragen beantwortet, haben wir offensichtlich keinen Sinn in unserem Handeln gefunden.

Wir haben dieses Konzept ersetzt. Und zwar durch einen Leitsatz, der Sokrates zugeschrieben wird: “Ich weiß, dass ich nichts weiß!” Sobald Schöpfungsmythen nicht mehr als objektiver Fakt angesehen wurden, stellten sich Fragen. Aus einer bis ins Detail ausgemalten Landkarte des Seins, erschien auf einmal ein weitestgehend weißes Blatt.

Ein ungeahnter Wandel in der Betrachtung der Welt!

Ebenso gravierend, die Veränderung in der Betrachtung wirtschaftlichen Handelns von der Idee, dass es nur einen Kuchen gibt, den wir verteilen können – kriegt jemand ein größeres Stück, wird es jemand anderem weggenommen – zu der Idee der Zins- und Kreditwirtschaft. Es kam der Glaube und die Zuversicht in die Entwicklung von Märkten, die Bedarfe wecken und befriedigen. Die Idee mit Vertrauen auf die Zukunft, die Idee den Kuchen zu vergrößern und so für alle mehr Wohlstand zu ermöglichen. Die Leitvokabel: Wachstum!

Unvorstellbare Dinge gingen jetzt Hand in Hand. Mächtige Eingriffe in die Natur, die Entwicklung von ungeahnten technologischen Möglichkeiten, Globalisierung, das weltumspannende Vertrauen auf ein Zahlungsmittel mit dem nahezu alles gegen alles getauscht werden kann. Wenn wir uns in vielem kulturübergreifend nicht einig sind, so doch in dem Glauben an dieses Zahlungsmittel. Ein Zitat des Historikers Hariri: “Selbst wenn Osama Bin Laden die Amerikaner für ihre Art zu leben verachtete, nahm er ihre Dollars doch gerne.”

Und da heißt es immer Geld verdirbt den Charakter. Ein spannender Satz, wie ich finde. Aber das ist mal was, was uns nahezu alle eint. Es überbrückt alle Vorurteile, Grenzen und Anschauungen. Wen wundert es da, dass die Finanzwirtschaft selbst zu einer Anschauung geworden ist.

Und noch zwei wesentliche Dinge haben sich verändert: Wir leben das erste Mal in einer Zeit, in der sich Glaubenssätze verwirklichen lassen. “Investiere!” und “Kaufe!”. Was das aus uns macht, Glaubenssätzen ohne spirituelle Anstrengung gerecht werden zu können, ist einen eigenen Beitrag wert…

Jedenfalls führte der Kapitalismus aus Gleichgültigkeit zu Versklavung und Ausbeutung. Hass und Rassismus sind kein Wesenskern des Kapitalismus. Das resultiert aus anderen Glaubenssätzen. Ein überzeugter Kapitalist würde sagen: Die Opfer des Kapitalismus sind unvermeidbare Schäden auf dem Weg in eine bessere Welt. Und hier schließt sich der Kreis. Das behauptet jeder Glaube und jede Weltanschauung.

Und je tiefer ich diese Aspekte betrachte, desto schwerer fällt mir andere für ihre Anschauungen zu verurteilen. Glaube ist ein Wesenskern unseres Seins. Ohne irgendeinen Glauben – egal an was – finden wir in unserem Alltag keine Struktur. Ja, auch ich nehme meine Glaubenssätze bisweilen sehr ernst ;-). Aber oft muss ich auch über sie schmunzeln. Ich werde jedenfalls bestimmt nicht bemüht sein, sie in irgendwelche Steintafeln zu meißeln. Ich clicker sie ins Netz. Ein gewisses Geltungsbedürfnis habe ich ja schließlich schon ;-).

Wenn ich übrigens die Glaubenssätze widerstreitender Kräfte in diesen Zeiten einer Naturkatastrophe hinterfrage, halte ich mich lieber an die, die nicht der Ansicht sind, dass das, was sie emotional triggert, der Wahrheit entsprechen muss – sonst wäre man ja schließlich nicht getriggert. Emotion ist etwas sehr wahrhaftiges; in der Tat! Und für unser individuelles Handeln mag das Gefühl ein guter Ratgeber sein. Im Kollektiv sind Emotionen allerdings immer der Hebel für Verblendung und Machtmissbrauch.

Ich bin der Überzeugung, dass wir in einem Land und in einer Gesellschaft leben, in der es wichtige Stellen gibt, die für eine transparente Darstellung von Machtstrukturen und Machtverhältnissen sorgen. Da ist sicher Luft nach oben. Aber es wird nicht besser, indem wir diese Stellen diffamieren und schwächen.

Zum Abschluss ein Zitat von Lemmy:

„Scheiß auf Gott und scheiß auf den Teufel und auch auf die Kirche. Ich allein bin verantwortlich für meine Taten. Ich muss mich hinter nichts verstecken. Ich habe es getan, was auch immer ich getan habe.“

Horrido

Joachim

FluXmeister #23

Blog #23

FluXmeister Unplugged

Wie kam es dazu?

An sich hatte ich mich, was meine Projekte betrifft, neu aufgestellt und ein paar große Entscheidungen getroffen. FluXmeister stand für 2020 nicht oben auf der Liste. Wir hatten Anfang des Jahres unser LIVE-Album veröffentlicht und wollten bisschen Promo machen und schauen, dass wir ein paar schöne Gigs gespielt kriegen. Gelegentlich proben und sich mal wieder dem spontanen Flow der Ideen hingeben. Guter Plan!

Kam aber anders!!!

Einiges kam anders. Ende letzten Jahres erhielt ich das Angebot bei Purple Rising einzusteigen. Als großer Blackmore-Fan und Liebhaber der Musik von Deep Purple, ergriff ich mit Freude die Gelegenheit und sah mich nun in ein weiteres professionelles Projekt involviert, dem es gerecht zu werden galt.

Jede Entscheidung hat ihren Preis! So war schnell klar, dass durch meinen Einstieg bei Purple Rising, andere Verpflichtungen nicht ohne Abstriche zu erfüllen gewesen wären. Ich bin Band-Musiker. Und das nahezu total. Mit autistischen Zügen bisweilen. Für den Job des Dienstleisters, hätte ich mich nicht entschieden. Ich habe hierfür großen Respekt, ist aber nicht meins. So wie ich auch nicht gerne am Lagerfeuer sitze oder an einem Jam mitwirke. Projektbezogene Arbeit mit einem Team, das ich schätze. On the spot und all in!!! Das ist mein Weg.

An sich treue Seele, galt es jetzt zu entscheiden, wie ich erstens weiter so wirken kann, dass es klare Fronten gibt, und ich zweitens nicht unter totalen Stress gerate. Mein Selbstanspruch ist so hoch, dass ich schon mit einem Projekt gänzlich ausgelastet sein könnte, da ich einen immer noch tieferen Grad an Durchdringung erschließe.

Nur die Tatsachen, dass ich doch gerne zu neuen Ufern aufbreche und es äußerst schwierig ist sein Geld als Band-Musiker zu verdienen, wenn man monothematisch aufgestellt ist, bringen Wandel. Auch wollte ich mehr Ruhe in meinem Leben. Ich habe daher entschieden aus allen Projekten bis auf Krüger Rockt!, Purple Rising und FluXmeister auszusteigen. Inklusive der Hound Dogs, die ich selbst verantwortet habe.

So war der Plan mit Krüger Rockt! und Purple Rising durch die Lande zu reisen, mit FluXmeister weiter der Idee zu folgen, dass U-Musik durchaus einem künstlerischen Anspruch folgen kann, und ich durch Bandcoaching-Projekte mein erworbenes Wissen und meine Erfahrung weiter gebe.

So schaute ich für 2020 auf einen gefüllten Terminkalender. Weiter die geile Sause mit de Rock’n’Rollers, mit herrlicher Vollgas-Mucke durch Deutschlands geilste Klubs, Selbstverwirklichung durch die eigene Musik und der Arbeit an der Homebase mit der jungen Generation. Fett! Gefiel mir!

Ich war zufrieden mit dem Lebenswandel, den ich mir gebaut habe. Mit einer tollen Frau an meiner Seite und einem tollen Sohn, der jetzt mehr und mehr seine eigenen Wege geht. Klar, traurig über tolle Projekte und tolle Menschen, die es nun nicht mehr gab oder ohne mich ihren Weg weiter gehen würden. Aber alles gut!

Und dann? PANDEMIE!

Ich hatte mir in kurzer Zeit das Purple Rising Repertoire in die Finger und in die Birne getrieben und war am Kniedeln wie der Weltmeister. Ein tägliches Übepensum von 6-8 Stunden. Zum Ausgleich Sport und Lesen. Meine Birne lief auf 180. Erste Konzerte mit Purple Rising waren nicht gänzlich reibungslos aber erfolgreich und vielversprechend absolviert.

Es kam der 13. März.

Ein Konzert mit Krüger Rockt! Ich kann mich noch genau an die Atmosphäre erinnern. Krüger Rockt! wollte in der darauf folgenden Woche in den Aldiana Club im Salzkammergut. Wir wollten bisschen Buddy-Urlaub machen, in Verbindung mit der Arbeit an neuem Repertoire. Und das an einem coolen Ort, wo man die Birne an der Rezeption abgeben kann. Viele Kollegen wissen wovon ich schreibe.

Ich war jedenfalls schon äußerst alarmiert. Nicht in Angst – bis heute bin ich nicht in Angst – aber alarmiert. Der Gig hat sich äußerst strange angefühlt. Das Gesundheitsamt hatte empfohlen den Event nicht durchzuführen. Und mir war auch nicht wohl dabei. Die Kollegen verabschiedeten sich mit dem Gruß: “Bis nächste Woche!” Ich kam nach Hause und erzählte Nina, dass ich der Ansicht bin, dass in Kürze wohl nix mehr gehen wird…

Telefonate, Mails, egal welche Kommunikation in den ersten Tagen nach dem 13. März, ließen mich wahrnehmen, dass es doch einen hohen Grad an Verdrängung anstehender Veränderungen gab. Die Öffentlichkeit war noch nicht mal annähernd im Bilde, was Ischgl betraf. Wir wussten von Webasto und Fällen im Karneval. Ich war mir sicher, dass wir Österreich haken können.

Jetzt überschlugen sich die Ereignisse. Es gab jeden Tag eine neue Hiobsbotschaft. Später wurde klar, dass Ischgl schon deutlich früher zum Spreading-Event wurde als angenommen. Aber Mitte März war erst mal nur klar, dass da was passiert ist, was für die ganze Region, Ober-Italien, Süd-Bayern, ja für eine Verbreitung durch Urlaubsrückkehrer in sämtliche Länder, fatale Folgen haben könnte. Österreich schickte ihre Urlauber nach Hause, Grenzen wurden dicht gemacht, Lock-Downs, Shut-Downs, etc. Ist ja alles bekannt…

Jedenfalls war damit Austria vom Tisch und es hagelte Absagen. Hier wäre eine Geschichte für sich zu erzählen, was die Pandemie an konkreten Folgen für mich hatte und wie ich einschätze, was das für unseren Kulturbetrieb bedeutet. Ist aber nicht mein Plan! FluXmeister Unplugged ist die Geschichte ;-)!

Das war zu dem Zeitpunkt noch weit weg. FluXmeister spielte nur in sofern eine Rolle, als dass klar war, dass wir uns eine ganze Weile nicht sehen werden, und ich zur Kenntnis nahm, dass die Veröffentlichung unseres LIVE-Albums in den Wirren der Pandemie  verpuffte…

Wohin jetzt mit meiner ganzen Energie? Mit dem Gefühl des Aufbruchs? Mit der Unsicherheit ob getroffener Entscheidungen und der fehlenden Perspektive Sicherheit zu gewinnen? Heftig! Ich war zu dem Zeitpunkt ein verunsichertes Energiepaket!

Ich schnappte mir die akustische Gitarre. Und ich checkte welche Möglichkeiten ich habe Unterstützung zu finden. Beides automatisch. Es gab kein gezieltes Überlegen oder gar eine Strategie. Aufstehen, Birne frei durch bisschen Sport, Informieren in Sachen Pandemie, akustische Gitarre. Gespielt habe ich Songs. Songs, die mir Kraft gaben.

Parallel gab es eine Entwicklung, die schon vor Corona ihren Anfang nahm. Hanna – unsere Video- und neue Medien-Künstlerin, wollte mit uns eine Idee umsetzen, bei der wir jeder getrennt unseren Part eines neuen FluXmeister-Songs aufnehmen sollten. Das würde von ihr zu einer Video-Collage zusammen gestellt. Dazu kam es aus bekannten Gründen nicht.

Aber so wollte ich das jetzt mit den Songs machen, die mich in dieser schwierigen Zeit beschäftigten. Außerdem liegt mir meine Frau schon seit Jahren in den Ohren, dass ich mich mehr den neuen Medien zuwenden solle, da sich der Markt dahin verschiebt. Wieder eine eigene Geschichte wert. Musik als Fast-Food-Produkt, etc. Ja, ich weiß, dass die Entscheidung gegen dieses Medium eine weitere Entscheidung gegen die Selbstvermarktung ist. Und ich verschließe mich ja auch nicht gänzlich. Schließlich sitze ich ja jetzt hier und schreibe einen Blogbeitrag. Wobei die Tatsache, wie viele Wörter ich hier mache – in der Hoffnung, dass sie an diesem Platz eventuell sogar gelesen werden -, die ganze Crux aufzeigt: Joachim und die neuen Medien…

Aber gut. Konkret für die ausschließliche und kostenfreie Veröffentlichung in den Netzwerken war ich bis jetzt jedenfalls nicht zu haben. Wenn ich nun aber weiter Publikum erreichen will? Und weiter geben will, was mich bewegt, was mich umtreibt, was ich teilen möchte? Ich schloss mich mit Hanna kurz und schnell war der Plan gefasst einen YouTube-Kanal zu erstellen und dort Video-Collagen der Songs zu posten, die mir wichtig waren, und die ich teilen wollte.

Jetzt begann eine ungemein kreative und produktive Phase. Hanna und ich hatten und haben jetzt fast täglich miteinander zu tun. Digital. Ich wurde immer kreativer mit dem aufnehmen verschiedener Stimmen am Instrument, nahm mich an verschiedenen Instrumenten auf, sang mehrstimmige Takes und entwickelte mit Hanna Ideen zur visuellen Umsetzung.

Das lief meinerseits auf einem sehr rudimentären technischen Niveau. Zunächst mit meinem Handy, später mit dem MacBook meiner Frau. Ich drückte auf Aufnahme und es galt den entsprechenden Take von vorne bis hinten sauber durchzuspielen. Den gelungenen Take schickte ich mir nun auf ein Abspielmedium, schickte ihn mir via Kopfhörer aufs Ohr und spielte vor dem MacBook die nächste Stimme dazu ein.

Das brachte ich schließlich an den Punkt, dass ich einen Gospelsong mit Strumming-Gitarre, Slide-Gitarre und fünfstimmigem Gesang aufnahm und Hanna daraus ein sehr unterhaltsames Video baute. Überhaupt sind hier sehr unterhaltsame Videos entstanden.

Es kam sogar dazu, dass ich mit Gastbeiträgen arbeitete. Meine Rhythmusgitarre schickte ich zu Kollegen, die daraufhin ihren Take dazu lieferten und so entstanden weitere Videos. Die genaue Anzahl weiß ich nicht mehr. Es wurden 10-11 Stück, meine ich.

Im Zuge dieses Schaffens blieb ich am Ball was Fördermaßnahmen für Soloselbständige und Künstler betraf. Das Land Hessen legte das Förderprogramm ‘Hessen kulturell neu eröffnen’ auf und schrieb Stipendien aus, die zunächst den Betrag von 2000,- Euro umfassten und zum Ziel hatten Künstler:innen Projekte verwirklichen zu lassen, die Perspektiven aufzeigen sollen, wie ein künstlerisches Wirken in Zeiten möglich sein kann, in denen ein Auftreten und Konzertieren im öffentlichen Raum nicht möglich ist.

Jetzt kam FluXmeister wieder ins Spiel! Denn, klar passte das zu der Arbeit, die ich mit Hanna schon die ganze Zeit am Machen war. Bedingt durch das Stipendium, wollte ich diese Arbeit jetzt weiter professionalisieren. Denn ein Manko hatten die Videos: die zwar brauchbare, aber unter professionellen Gesichtspunkten, nur ausreichende Audioqualität. Außerdem wollte ich jetzt mit eigenen Songs arbeiten.

Mein Projekt für das Stipendium bedingte also eine Modifikation der bisherigen Arbeit mit den Video-Collagen:

1. Eigene Songs

2. Professionelle Audioqualität

So…, das bedeutet dann schon mal einen deutlichen Mehraufwand. Denn die Songs wollen komponiert, die Texte geschrieben und das ganze sollte arrangiert werden. Außerdem bedeutet eine professionelle Audioqualität, dass es unter Studiobedingungen zu arbeiten gilt. Schwierig in Pandemiezeiten. Also: Selbst ein Homerecording-Studio einrichten, Equipment und Recording-Software kaufen, sich in selbige einarbeiten und praktische Erfahrungen sammeln. Und das möglichst in einem Tempo, dass zeitnah brauchbare Ergebnisse ermöglicht.

So what! Ich nahm die Herausforderung an. Was meinen Job betraf, hatte ich ohnehin nur eines zu tun: Die ständigen Absagen eintragen… Ich fand in Seb einen guten Lehrer und meine Tage hatten Struktur.

Zeit ging ins Land und es war wieder vorsichtig möglich sich zu begegnen. So bat ich die FluXmeister-Kollegen um ein Treffen und habe ihnen meine Idee vorgestellt. Da ich zunächst plante alles musikalische in Personalunion umzusetzen, fragte ich erst mal nur an, ob ich die Freigabe habe mit Ideen, die wir gemeinsam gesammelt haben, weiter alleine zu arbeiten, Songs zu arrangieren und damit in einem akustischen Setting Videos zu produzieren.

Das Gespräch lief so erfreulich und zustimmend, dass die Kollegen nicht nur ihre Freigabe erteilt haben, sondern mir ihre volle Unterstützung und Mitwirkung zusagten.

Das Land Hessen legte nun zusätzlich zu dem Arbeitsstipendium sogenannte Projektstipendien auf. Und diese waren auch für Künstlergruppen zu beantragen. Als diese Chance bestand, ergriffen wir nun endgültig die Gelegenheit FluXmeister Unplugged als Bandprojekt umzusetzen.

Und was soll ich sagen. Wir haben in dieser Zeit ein Projekt verwirklicht, dass es an sich nie gegeben hätte. Und das Ergebnis ist hervorragend. Leute, die schon Material gehört haben äußern sich enthusiastisch. Es gab Kommentare wie: “Jetzt verstehe ich eure Musik!” oder “Das trifft voll in mein Herz!” Alex hat davon gesprochen, dass dies das herausragendste Projekt sei, an dem er im Laufe seines musikalischen Wirkens mitgearbeitet habe.

Und mir bleibt ebenfalls nur zu sagen, dass ich damit nicht gerechnet hätte. Ich habe viel gelernt und wieder ungemein von dem FluXmeister-Umfeld profitiert. Und auch einen neuen FluXmeister haben wir dazugewonnen. Maximilian C. Priess, der die Arbeit begleitet und dokumentiert hat.

Die Bandkollegen, auch Hanna, Seb und Max haben unglaubliches geleistet. Und die Musik die dabei herauskam ist fantastisch.

Danke!!!

Joachim

FluXmeister #22

Blog #22

Heißa!

Diese Zeit macht es mir nicht leicht, über die musikalischen Prozesse zu berichten, die bei mir und FluXmeister am Start sind. Aber da kommt was! Da kommt einiges! In Kürze folgt ein Blogbeitrag, der einen Abriss gibt über das, was meine Kolleg:innen, Unterstützer und ein ganzes Kreativ-Team umgesetzt haben: FluXmeister Unplugged! Das ist richtig stark geworden! Freut euch drauf.

Hier möchte ich jetzt ein paar Worte schreiben, die deutlich machen, wie schwierig für mich ist, diese Situation zu handeln. Und mir selbst und vielleicht ja auch anderen bewusst machen, in welche Fallen man immer wieder tappt.

Volker Pispers sagte in einem seiner Programme: “Wenn man seinen Schuldigen gefunden hat, gibt das dem Tag Struktur!” Kabarett. Und schelmisch, mit zwinkerndem Auge formuliert, bin ich geneigt, dies für einen der weisesten und für mich inspirierendsten Kommentare zu halten, die mir unter gekommen sind.

Was gibt uns Halt? Kraft? Sinn?

Man kann es aus der philosophischen Betrachtung herleiten, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben – von Leibnitz formuliert, um sich daran abzuarbeiten. Nämlich zu schaffen, zu erhalten, zu gestalten, Gutes zu tun. Schon die Formulierung, sich zu verwirklichen, lässt feine Haarrisse in der Büchse des Bewusstseins entstehen ;-)…

Auch kommt mir Schopenhauer in den Sinn: Moral predigen ist leicht, Moral begründen schwer.

Ich will aber nicht abheben – im Gegenteil: Ich will es auf die Füße stellen! Die grundsätzliche Frage, die sich mir in der Betrachtung meiner selbst und meiner Mitmenschen stellt, ist recht banal: Schließt die Suche nach Erkenntnisgewinn mit ein, das wir alle durch Vorstellungen des reinen wahren Guten, zwangsläufig scheitern, demzufolge nur so gut sind, wie wir eben können. Oder klammere ich den Aspekt des persönlichen Scheiterns aus und betrachte mich als jemanden, der vermeintlich dunklen Mächten ausgeliefert ist, und so unablässig der Möglichkeit beraubt wird, im Sinne des wahren schönen Guten zu handeln.

Eigentlich bin ich ganz anders, ich komme nur so selten dazu.

Egal wie man es sieht, die einzige Möglichkeit für mich da heil durchzukommen, ist mit Humor. Ich denke an Reinhard Mey: Wenn du schlau bist mein Freund, pass auf, dass du nicht vergisst; dass du nur ein armes kleines Würstchen bist! Damit wäre eigentlich schon alles gesagt.

Wohin will ich mit diesen abstrakten Einlassungen? Na wohin wohl, in diesen Zeiten? Zum Umgang mit Katastrophen. Mit Heimsuchungen – gerade wenn sie so vermeintlich unsichtbar daher kommen, wie eine Pandemie. Die größten Verschwörungstheoretiker des Mittelalters wären ja wohl die gewesen, die einem davon erzählt hätten, dass es winzig kleine, für uns unsichtbare Welten voller Mikroben, Bakterien und Viren gibt – keine Ahnung wie sie das genannt hätten: dämonische Winzlinge, kleine Teufel, was weiß ich…

Nun könnte man hiervon ja vielleicht sogar ableiten, dass es auch heute Leute gibt, die schlauer sind, als diejenigen, die im Dunkel stochern und uns vermeintlich am Nasenring durch die Manege führen. An sich die wahren Teufel sind, denen es das Handwerk zu legen gilt.

Aber erstens hat niemand zu Zeiten des Mittelalters derartige Theorien formuliert – zumindest nicht meines Wissens – und zweitens verfügen wir heutzutage über eine Waffe der Erkenntnis: der Wissenschaft! Wir haben eine Aufklärung hinter uns. Wir haben uns aus dem Dunkel des Glaubens befreit und in das Dunkel des Wissens begeben. Und genau so wie ich es formuliere sieht das jeder seriöse Wissenschaftler.

Das einzig erhellende ist die Methode!

Und die Methode ist gut! Wir haben meiner Ansicht nach niemals über eine bessere verfügt. Nämlich der Überprüfung von Annahmen; Behauptungen zu hinterfragen, zu belegen oder zu widerlegen. Und verschont mich mit der Kritik am wissenschaftlichen Werkzeugkasten und der darin befindlichen Werkzeuge. Wir hatten nie bessere!

Nur entsteht dadurch zwangsläufig eine vernünftige Gesellschaft? Was ist überhaupt Vernunft? Untiefen tun sich auf!

Hilft uns die Vernunft? Hilft mir die Vernunft? Macht sie mir möglich ein glückliches Leben in Zufriedenheit zu führen? Oder ist sie ein perfides Mittel, um uns selbst bei unserem Bedürfnis nach Geltung, Macht und Besitz, der Keule des Glaubens ein scharfes Schwert entgegen zu setzen?

Beides sind Waffen! Und beides bleiben Waffen, die in den Händen derer, die sich zunutze machen, dass wir gerne die Verantwortung für unser Leben in andere Hände legen, Schaden anrichten. Und uns für ihre Zwecke manipulieren.

Und genau das ist schon immer geschehen. Egal mit welcher Methode und egal unter welcher Flagge gesegelt wird. Und so wird das auch meiner Ansicht nach bleiben!

Ein fatalistischer Klotz, den ich uns hier vor die Füße werfe. Aber so sehr das danach klingt, dass ich mich diesem vermeintlichen Schicksal ergebe, so sehr bin ich nicht sicher, ob meine Weltsicht nicht nur Ergebnis eines tief geprägten Zweifels an mir selbst und somit eben der gesamten Menschheit ist.

Nur über eines bin ich mir sicher: Wir sind alle aus dem selben Holz geschnitzt.

Mit der Einteilung der Menschen nach Klassen von Schuld bin ich noch keinen Schritt weiter gekommen. Weiter gekommen in dem Bemühen, gelingende Beziehungen – ob freundschaftlich, im Kontext der Arbeit oder partnerschaftlich – zu führen. Und das lässt mich stark vermuten, dass uns das auch nicht weiterhilft, in der abstrakten Betrachtung der Menschen, die wir nicht kennen. Politiker, Ausländer, Virologen, Fanatiker, Fundamentalisten, etc pp. Sobald wir sie kennen lernen, gelten völlig andere wertende Kategorien.

Und wir werten. Das dient der Einordnung der Erfahrungen in für uns nachvollziehbare Kategorien, um – und hier schleißt sich der Kreis – Struktur zu finden.

Und das wichtigste hierfür sind keine Abstrakten Größen, wie der Glaube, die Wissenschaft, die Aufklärung, die Philosophie. Nein Struktur entsteht durch Beziehungen. Wesentlich sind hier Vertrauen, Erwartungen, Sehnsüchte, Bedürfnisse. Auf dieser Klaviatur lässt sich wunderbar spielen, wenn wir nicht die Verantwortung für unser eigenes Leben nehmen. Weniger abstrakt formuliert: Wenn wir uns nicht der Bürde des Lebens stellen. Schon wenn wir das tun, wird es schon deutlich weniger Bürde, ja bisweilen sogar Quell von Erfüllung und Befriedigung.

Aber wir sind nicht gut darin gebildet, die Bürde des Lebens anzunehmen und sich ihr zu stellen. Wir sind gut darin gebildet, uns fortwährend in Konkurrenz zu anderen zu sehen und uns selbst zu optimieren. Einher gehen unnütze Leitsätze wie: Du bist schuld! Die sind schuld! Ihr seid schuld! Durch meine Schuld!

Bis jetzt ist mir gelungen, in diesem Beitrag die Fäkalsprache außen vor zu lassen. Aber der oben stehende Absatz hat nun wirklich ein: Am Arsch! verdient.

Abschließend möchte ich noch schreiben, was das für mich konkret für den Umgang mit der Pandemie bedeutet: Den einzigen Vorwurf, den ich machen kann ist, dass das Argument, das mit Geld und Macht zu unterfüttern ist, ein deutlich einflussreicheres ist. Und die Moral von der Geschicht – bleibe nie ein armer Wicht, was weiß ich denn…

Ich bin ratlos und wende mich weiter den Menschen zu, denen ich vertraue, hege meine Erwartungen, meine Sehnsüchte und versuche so gut ich kann, die Verantwortung für meine Bedürfnisse zu nehmen.

Kommt gut durch diese Zeit!

Joachim

FluXmeister #21

Blog #21

Ich bin wütend. Und ich bin genervt. Zudem gestresst und gemütsmäßig in einer schwierigen Verfassung. Es kommen im Moment viele Dinge zusammen. Da es mich unmittelbar betrifft, natürlich die Situation, dass mein Alltag – mein Lebenskonzept – in Frage steht. Ich bin Musiker. Musiker ohne Bühne. Ein Fisch an Land. Aber was mich gerade in besonderem Maße nervt, sind die Fische, die im Wasser schwimmen und sich beschweren, dass es nass ist!

Ist unser drängendstes Problem, dass wir uns gegen eine Impfpflicht zu wehren haben, die es schon zu Zeiten des Kaiserreichs gab? Gegen die Pocken zwar. Aber warum haben wir mit den Pocken kein Problem mehr in unseren Breiten? Oder ist das drängendste Problem, dass Notverordnungen Politikern in unserem Land ermöglichen durchzuregieren? Was machen wir denn, wenn uns der Himmel auf den Kopf fällt? Schutz suchen? Halte ich für eine angebrachte Maßnahme! Und dann? Bei denen beschweren, die die Unterstände errichtet haben, weil es so dunkel ist? Oder sind Virologen unser drängendstes Problem, die die politische Klasse im Würgegriff halten, um ein Klima der Angst zu erzeugen? Scheiße, geht mir das auf die Eier!

Verdammt, wir leben in einem Land, das mir in einer beschissenen Lage ermöglicht Stipendien zu beantragen. Stipendien, die mir ermöglichen Songs zu realisieren, in denen ich fragwürdige Tendenzen unserer Gesellschaft, der Wirtschaft, der politischen Klasse und die aus meiner Sicht wirklich besorgniserregenden Entwicklungen benenne. Und das deutlich! Wie diktatorisch wird ein Land sein, das mich fördert, genau das zu tun? Und andere das genau so tun können? In dem man seine Unzufriedenheit benennen darf? In dem man frei ist zu sagen was man will, so lange man auf Mittel der Gewalt verzichtet? Und wer tritt denn am militantesten auf? Die Gesichter, die sich beschweren, dass man nicht mehr sagen dürfe, was gesagt gehört!

Was gehört denn gesagt?

Ich für meinen Teil habe es tatsächlich eine Zeit lang so empfunden, dass Konsens war, bestimmte Dinge nicht in die Welt zu posaunen. Und der liberale und freiheitliche Geist mag bisweilen so stark in unserer Gesellschaft gewirkt haben, dass nicht jede Scheiße aus jeder Ritze gekrochen kam. Aber kaum sehen die Rattenfänger Land, ob problematischer gesellschaftlicher Entwicklungen, fangen alle Schafe wieder an zu blöken.

Verdammt, in diesem Verschwörungstheorie-Mist gelten Trump, Putin und Konsorten als Heilsbringer! Geht’s noch? Wenn ich einer Verschwörungstheorie anhänge, dann der, dass dieser Scheiß lanciert wird! Das kommt nicht von ungefähr. Und wird wunderbar gefüttert. Warum sind denn die Heilsbringer Autokraten? Feinde der Demokratie? Feinde eines freiheitlichen Geistes? Fragt euch mal welche Scheiße man euch zum Fraß vorwirft! Und was ihr bisweilen bereitwillig in euch reinstopft!

Letzte Woche telefonierte ich mit einem Mitarbeiter bei der hessischen Kulturstiftung, der deprimiert war, ob der Tatsache, dass kaum Hilfsmaßnahmen angenommen werden, die jedem freischaffenden Künstler zur Verfügung stehen. Tolle Wurst! Aber im Netz lese ich, was alles nicht gemacht wird und wie sehr man uns im Regen stehen lässt. Das gibt’s doch gar nicht! Klar, ist die Situation nicht einfach. Aber was muss ich erleben? Das auch in der Szene, in der ich zuhause bin, der Sündenbock auf den weiden grast, wenn’s eng wird. So, hier fürs Stammbuch aus der Feder des arroganten Herrn: Der Horizont eines Menschen zeigt sich in der Krise!

Zu Beginn der Pandemie habe ich mich an meinen Bundestagsabgeordneten Dr. Tauber, an die Bundesministerin für Kultur und Medien Frau Professor Grütters und an unsere hessische Kulturministerin Frau Dorn gewandt. Alle drei haben mir geantwortet! Alle drei haben mir Zuspruch gegeben. Mir Mut zugesprochen meinen Weg weiter zu gehen, mich aufgefordert durchzuhalten. Alle drei haben mir Links und Anhänge zukommen lassen, mit denen ich arbeiten konnte. Hier wurde aufgezeigt welche Maßnahmen ich in Anspruch nehmen kann, welche Möglichkeiten ich habe, und wo ich Unterstützung finden kann. Auf der Seite der hessischen Kulturstiftung konnte ich einen Newsletter abonnieren. So bin ich immer auf dem neuesten Stand, was es für mich hier in Hessen an Fördermaßnahmen gibt.

Und was soll ich sagen? Mit jedem – ich will nicht lügen, vielleicht gab es Ausnahmen – aber gefühlt mit jedem, mit dem ich spreche, höre ich: Echt? Stipendium? Mail an Politiker? Was soll das denn bringen? Ja, verdammt, es heißt doch, das nur Bildung der Weg zu einem aufgeklärten und selbst bestimmten Leben ist. Und wie ungebildet muss man sein, wenn man die einfachsten Mechanismen unseres Systems nicht kennt und ihnen nicht folgt? Oder durch die Scheiße im Netz so voller Misstrauen ist, dass man sich selbst ins Abseits stellt. Gut gemacht, kann ich da nur sagen!

Die Baustellen, die mich umtreiben, sind andere: Das wir unsere Kinder mit digitaler Scheiße vollpumpen und Angst haben sie vor die Tür gehen zu lassen, weil ihnen was passieren könnte. Das wir unsere Kinder zu führenden Persönlichkeiten einer Wirtschaftselite machen wollen, von der wir alle längst selbst wissen, dass sie uns in eine Sackgasse führt. Das wir auf Menschen Vertrauen, die sich einen Scheiß um unsere tatsächlichen Belange scheren. Sidekick: Was glaubt ihr denn was unser Adolf mit den Springerstiefel-Hirnis gemacht hätte, die blökend durch die Straßen marodieren? Im Straßenkampf verheizt, hätte er sie. Sie an der Front ins offene Messer geschickt, hätte er sie. Und sie für diese Blödheit noch verachtet. Adolf ist tot. Aber es gibt genügend neue gescheite Demagogen, die sich nicht minder ins Fäustchen lachen.

Und das Netz! Ja, das Netz! Das Instrument zur Selbstermächtigung. Zur Freiheit. Wann entfacht eine Bewegung große Kraft? Wenn sie in der Lage ist, eine auf existenziellen Grundrechten basierende Front aufzubauen, gegen die es kein Ankommen gibt. Wir sind das Volk! Und was passiert im Netz? Sämtliche, noch so hirnrissigen Partikularinteressen poppen auf und hunderte, wenn nicht tausende Grüppchen meinen zu wissen, wie der Weg zur besseren Welt aussieht und wer dran Schuld ist, dass dieser nicht beschritten werden kann. Und die gehen sich dann gerne auch mal selbst an die Gurgel oder marschieren unter fragwürdigen Fahnen.

Ich habe lange daran gebaut ein Leben zu führen wie ich es bisher getan habe. Ich bin dafür gegangen, mich nicht in Abhängigkeiten begeben zu müssen, in denen ich Menschen nicht sagen darf was ich denke, weil es für mich Nachteile mit sich bringen würde. Und es ging! In diesem Land. Und jetzt bin ich der oben beschriebene Fisch an Land. Ein Musiker, der meist in geschlossenen Räumen konzertiert, in nicht staatlich geförderten Clubs. Einer der Hauptbetroffenen der Pandemie. Und trotzdem bin ich froh in diesem Land zu leben!

Ich durfte sein, der ich bin. Ohne Einschränkung! Mit Regeln ja! Und viele finde ich schwierig – gerade jetzt wieder! Viele sehe ich kritisch! Mit vielen bin ich nicht einverstanden. Aber ich kann, so sie mich tatsächlich so tangieren, dass ich mich in meiner Freiheit eingeschränkt fühle, politisch aktiv werden, mich an Gerichte wenden. Und ich kann mich bemühen aus meinen Ansichten eine Bewegung zu formen, die etwas in meinem Sinne bewegt. Und das müsste ich in jeder Gesellschaft so tun. Überall gibt es Viele, die es zu überzeugen gilt. Meine Sendung läuft nicht automatisch auf allen Kanälen.

Und ehrlich gesagt ist es genau das, was mich an Idealisten mit großem Sendungsbewusstsein stört: Die Erwartung, dass ihre Sendung auf allen Kanälen läuft. Was passiert, wenn man sich seine Gesellschaft so einrichtet, ist bisweilen auf unserem Planeten zu beobachten. Mir gefallen viele Sendungen nicht. Aber in diesem Land hier darf alles auf Sendung gehen, was sich im Rahmen unserer freiheitlichen Grundordnung bewegt. Und ich bin frei darin zu entscheiden welche Sendung ich sehen oder nicht sehen will. Das ist eine verdammte – und Herrgott nochmal – nicht selbstverständliche Menge!

Also, passt auf gegen wen oder was ihr anrennt und verwechselt persönlichen Unmut nicht mit staatlich verordneter Unfreiheit!

Guten Abend!

 

 

FluXmeister #20

Blog #20

Neustart in eine bessere Welt?

Ich höre im Moment, gerade von jungen Philosophen, vom Neustart in eine bessere Welt. Auf der anderen Seite sprechen die Medien – ich spreche hier von den öffentlich rechtlichen und Printmedien meines Vertrauens: Bild, Focus, FAZ. Blödsinn: Spiegel, Süddeutsche und taz -, vorwiegend aber ARD und ZDF samt deren Spartenkanälen – zu vorderst Phoenix -, sowie dem Deutschlandradio – von der Sehnsucht der Menschen nach Normalität.

Ich sehne mich nicht nach Normalität. Zumindest nicht nach der Normalität, die noch wesentlich desaströsere – ich würde sogar sagen monströsere – Auswirkungen auf unseren Alltag, auf unser Leben und Sterben hat, als die derzeitige Pandemie. Flucht, Vertreibung, Hunger, Folgeschäden der rigorosen Ausbeutung von Resourcen, autoritäre Systeme, Machterhalt, Korruption, Kartelle und organisierte Kriminalität. Alles total geile Normalität. Und wer glaubt, dass es eine Trennung zwischen einer guten Normalität und deren Entartung gibt, der glaubt auch, dass eine Bestrafung des Tötens, des Wegsperrens und der Isolation, die Welt zu einem besseren Platz macht. Der glaubt auch, dass es eine Trennung zwischen der guten organischen und der schlechten, der entarteten menschlich erschaffenen Natur gibt. Zwischen der grünen Wiese, dem Wald, den Meeren und dem kaum verrottenden Plastikmüll, dem Elektroschrott und sonstigem unsäglichen Material.

Aber es ist und bleibt alles eins. Alles ist mit allem vernetzt. Alles kommt aus dem einen scheinbar unendlichen Raum. Auf uns Menschen herunter gebrochen; aus der einen uns umgebenden Welt. Es gibt das größte Große, wie es das kleinste Kleine gibt. Es gibt den reinsten Gebirgsbach, wie es die versiffteste Kackbrühe gibt. Es gibt die Momente des Mitleids, der Nächstenliebe, der Fürsorge, der Empathie, wie es die Rücksichtslosigkeit, das skrupel- und gewissenlose durchsetzen der eigenen Interessen und das mitleidlose Übervorteilen gibt. Die Dualität der Welt, die erst möglich macht zu unterscheiden. Schwarz von Weiß, Gut von Böse, Himmel von Hölle, Liebe von Hass.

Alles Erdenkliche, alles Erschaffene, alle Gnade, alles Grausame, alle Substanz, alle Materie, eben alles ist Teil von allem. Alles ist Natur. Alles ist die eine Welt. Die Natur stellt keine Bedingungen, wie die Evolution ein bedingungsloser Vorgang ist. An der Stelle, an der es gälte über Bedingungen der Evolution nachzudenken, wird es nebulös. Naturgesetze eines Schöpfers? Das soll hier nicht mein Thema sein. Aber wie die Begriffe schon deutlich machen. Natur und Gesetz. Unverrückbare Gleichheit vom einen bis zum anderen Ende des Universums. Mit allem was daraus erwächst oder erschaffen wird.

Wer Bedingungen stellt sind alleine wir! Weil wir nur unter bestimmten Bedingungen lebensfähig sind. Sowohl als kulturelle Wesen, als auch ganz existenziell. Unter bestimmten Voraussetzungen kacken wir ab. Ich habe Respekt vor einem Verständnis von Schöpfung, das auch einen Planenten als etwas leidendes empfindet. Das ist aber nicht mein Vertsändnis. Es gab in der Zeit der Entstehung der Erde und dem Laufe ihrer Geschichte Katastrophen ungeahnten Ausmaßes, denen wir nicht standgehalten hätten. Niemlas! Und der Erde werden wieder katastrophale Ereignisse unvorstellbaren Ausmaßes zuteil. Denen wir ebenfalls nicht standhalten würden.

Aus der Natur heraus eine Begründung für das richtige Handeln abzuleiten macht also wenig Sinn. Das einzige Ergebnis zu dem ich hier komme, wenn ich dieses Weltbild zu Ende denke, ist eine Schicksalsergebenheit, die einem jeglichen Gestaltungsspielraum nimmt. Wir sind das Zentrum der Überlegung wie wir mit den Dingen umgehen! Wir müssen entscheiden, ob wir in einer Kooperation mit der Welt leben, die förderlich ist. Und zwar uns förderlich ist. Wir sollten wahrnehmen, dass ein vernetzt sein mit allem und jedem ebenfalls eine grundlegende Gesetzmäßigkeit ist. Dieser zuwider zu handeln stört den Planeten, das Universum nicht. Aber uns! Uns stört es! Uns zerstört es!

Natürlich nicht alle zur gleichen Zeit und in gleichem Maß. Das macht die Sache tragisch. Denn stört den einen wissentlich, was den anderen unwissentlich zerstört? Nein, tut es nicht. Ein Empfinden für das richtige Handeln ist keine Gesetzmäßigkeit. Wenn es einen Gott gibt, verstehe ich ihn an der Stelle nicht. Was nutzt das Bewusstsein ohne moralischen Kompass? Was hat uns ein Weltbild bauen lassen, dass persönlichen Erfolg auf zutiefst unmoralisches Handeln bauen lässt? Oder ist das Gottes Plan? Ist er ein Zyniker? Macht er sich einen Spaß die Guten von den Bösen zu trennen? Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen?

Wohl kaum. Genetisch und evolutionstechnisch bedingt, scheint nicht moralisches Handeln, sondern sichern, schützen, abgrenzen überlebensnotwendig zu sein. Wenn man die lebensfeindlichen Grundbedingungen in unserem Kosmos betrachtet, kein Wunder… Wunderlich nur, dass es überhaupt zur Entwicklung eines Bewusstseins kam, dass uns genau vor dieses Dilemma stellt. Zu erkennen wie unausweichlich das Leben, um zu überleben, die dunkle Seite der Macht installiert hat, wir aber auf der anderen Seite durch unser Bewusstsein danach streben das Richtige zu tun. Wie auch immer – wie unterschiedlich auch immer – das Richtige definiert sein mag. Nächstenliebe, Mitleid, Empathie, Erfolg, Ficken, Status, Kohle, Rasse, Furz und Feuerstein…

Und ich lande doch wieder bei der Moral. Was uns persönlich betrifft, lässt das Sein durchaus zu, völlig asozial und grenzenlos brutal zu existieren. Uns als Herdenwesen, mit dem Bedürfnis nach Liebe und Geborgenheit, würde ein amoralisches Leben allerdings nur als Psychopaten glücklich machen. Warum nur folgen wir dann so häufig den Psychopaten? Warum denken wir, dass die Menschen, die noch alle Tassen im Schrank haben uns nicht helfen können? Weil die Psychopaten anbieten die Verantwortung zu nehmen! Weil sie anbieten zu führen! Weil sie uns mit der Idee der Einfachheit durch Vermeiden von Komplexität verführen! Und das tragischste dabei: Weil wir bedingungslosen Hass besser ertragen als bedingungslose Liebe!

Im Kampf um die Liebe haben wir hassen, haben wir Neid, Missgunst und Verachtung gelernt. Und die Götzen des Status, der Macht, der Gier und des Erfolgs an ihre Stelle gesetzt. Zutiefst menschliche Probleme! Der Schlüssel zur Lösung unserer Probleme liegt ausschließlich in uns. Wenn wir uns lieben lernen, wenn wir andere lieben lernen, wenn wir Verantwortung nehmen und sie nicht abgeben, verweigern oder von uns weisen. Dann bauen wir Welten, die nicht nur uns selbst, sondern auch künftige Generationen tragen.

Und an dem Punkt, dass wir durch ein katastrophales Ereignis Einsicht und Liebesfähigkeit unserer Selbst und unserer Mitmenschen gewinnen, sind wir nicht. Bei allem Respekt! So werden sich auch nach Corona wieder die Kräfte durchsetzen, die von bestehenden Systemen profitieren, die all ihre Macht und ihre Kraft einsetzen, um weiter ihren Götzen zu huldigen. Und wir werden weiter daran glauben, dass es dazu keine Alternative zu geben scheint.

Soviel zur Frage warum ich das Leben als tragische Veranstaltung empfinde ;-)!

Um mit einer Verschwörungstheorie einer wunderbaren Satire abzuschließen: Moses hat uns mit den 10 Geboten unterjocht. Gott gab ihm nur eines mit auf dem Berg Horeb: Habt euch lieb!

So unglaublich schwer es mir fällt und so groß mein Widerstand bisweilen ist: Ich arbeite dran ;-). Ich halte es für alternativlos ;-)!

Liebe Grüße,

Joachim

FluXmeister #19

Blog #19

„Information is not knowledge. Knowledge is not wisdom. Wisdom is not truth. Truth is not beauty. Beauty is not love. Love is not music. Music is the best…“ Frank Zappa

Alle Begrifflichkeiten haben für mich eine große philosophische Dimension; und wie er hier in einem kleinen Satz unser menschliches Bewusstsein fasst, von Ratio, über Vernunft, zum Gefühl; wie er hier die Brücke vom Denken zum Erleben schlägt, um als Krönung in das Mysterium Musik zu münden, finde ich großartig. Und so wie Zappa kein Entertainer in dem Sinne eines Illusionisten ist, sondern mit Humor und Schärfe den Spiegel vorhält, gehe ich meinen Weg ebenfalls nicht, indem ich durch das Zuspielen der Existenzberechtigungskarte alle Poren des Zweifels mit Gefühlsduselei zuschmiere.

Die normale Härte des Lebens ein wenig vergessen zu wollen, ist ein nachvollziehbares Ansinnen. Und dabei behilflich zu sein, ein völlig legitimes Unterfangen. Ein Selbstverständnis der Unterhaltungsbranche. Man könnte sagen Sinn und Zweck der ganzen Veranstaltung. Und es sei jeder und jedem unbenommen, so lange in den dünnen Brettern der Trivialität zu bohren, bis sich in den eigenen Bohrlöchern sinnvolle Muster erkennen lassen.

Mein Wirken ist jedenfalls durchzogen von dem Geist der Konfrontation. Es hat einen moralischen Aspekt. Meine Art die Dinge anzugehen und zu gestalten, hat etwas Appellhaftes, etwas an die Einsicht appellierendes. Sicher! Mit Augenzwinkern! Ich empfinde das Sein als etwas zutiefst tragisches und kann mich gleichzeitig sehr gut darüber amüsieren. Ein Würstchen zu sein bereitet mir keine Sorge. Diese ganze Angst vor Gesichtsverlust und Ehrverletzung ist kein rein orientalisches Thema. Es ist ein zutiefst menschliches und findet sich überall. Die Momente des Selbsthass liegen darin begründet, mich von diesem Scheiß nicht grundlegend befreien zu können. Scheitern nicht gut akzeptieren zu können – überhaupt das Wort Scheitern bisweilen in einer Dimension zu empfinden, die schlechte Gefühle erzeugt, Versagensängste hervorruft und mich dadurch in die Rolle des Unantastbaren zwingt. Elend bisweilen, ja… Aber Humor hilft!

Ich bewege mich in der U-Musik, pflege dabei allerdings eine Haltung, die sicher erfolgversprechender in der E-Musik zu leben und zu wirken wäre. Schwermut und Zweifel sind Säulen meines Charakters, die ich nicht überdeckt wissen will. Die ich offen zeige und lebe. Ich halte meine künstlerische Kraft für sehr stark, ich weiß aber auch, dass in dem Metier, in dem ich wirke, eine Betonung auf die Tragik des Lebens, keine im materiellen Sinne erfolgversprechende Strategie ist. Mit dem beschriebenen Widerstand gegen Anpassung an systembdingte Strukturen, umso mehr.

Aber trotz des Zuwiderhandelns gegen vermeintliche Grundprinzipien der Branche, in der ich tätig bin, lebe ich ein Leben mit, von und durch die Musik. Es gibt sie natürlich auch; die leichten und freudigen Momente. Wenn ich z.B. als Rock’n’Roller gewitzte Licks vor mich hin knattere, ironische, gewitzte, anzügliche Texte singe und den Hengst gebe. Aber die Tragik zeigt sich auch hier z.B. bei den Konzertbesuchern, die sich besinnungslos saufen – mit allen bisweilen erschreckenden Begleiterscheinungen -, die völlig die Kontrolle verlieren und bei denen sich die Hilflosigkeit zeigt, mit der Tragik des Lebens umzugehen. Diese Menschen habe ich im Fokus. Meine Prägung lässt mich viel stärker Scheitern und Lebenslügen wahrnehmen, als die Leichtigkeit des Seins.

Obwohl mir bewusst ist, dass das Scheitern und die Lebenslügen Bestandteil der Leichtigkeit des Seins, der unerträglichen Leichtigkeit des Seins ? sind, kann ich dem nicht immer nur mit Humor, sondern oft nur mit einer tiefen Melancholie begegnen. Diese Prägung werde ich nicht überwinden. Aber ich arbeite daran, sie nicht nur als Bürde zu empfinden, sondern als Ausgangspunkt für eine Entwicklung hin zu einem Leben in Selbstzufriedenheit und Akzeptanz. So stelle ich mich meinen Versagensängsten, kämpfe mit den Schatten meiner Vergangenheit und lerne mehr und mehr den Kampf in ein Spiel zu wandeln.

Dieses Spiel hat gerade wieder herausfordernde Züge angenommen, lässt mich aber nicht verzweifeln. Obwohl sämtliche Veranstaltungen abgesagt sind, und ich nicht weiß, ab wann ich mein Leben als Bühnenmusiker weiterführen kann, nutze ich die Zeit für Reflexionen dieser Art, helfe wo ich kann und bleibe kreativ.

Seid herzlich gegrüßt,

Joachim…

FluXmeister #18 – Freischaffende Künstler in Zeiten des Coronavirus

Blog #18

Also gut… Eine weitere Bewährungsprobe für die Arbeit als Freischaffender. Eine erneute harte Prüfung, die Entscheidung betreffend, nicht die Sicherheit, sondern die Selbstverwirklichung gewählt zu haben.

Eine erneute harte Prüfung deshalb, weil das alles, wenn es zur Routine wird, so selbstverwirklichend gar nicht ist.

Ich habe immer danach entschieden, welche Abzweigung mir möglich macht an meinen Idealen fest zu halten, Werte zu leben, die ich gelebt wissen will, um mir selbst gegenüber aufrecht zu bleiben. Ja, um auch authentischer Mahner sein zu können: Practice what you preach!

Aber bisweilen werden Menschen, die ihren Idealen gemäß handeln, bis ins Detail zerpflückt, um aufzudecken, an welcher Stelle sie nicht konsistent sind. Während mit voller Wucht auf die Kacke zu hauen, dass es nur so spritzt, völlig legitim zu sein scheint; machen ja alle so. Man denke nur an Argumentationsketten im Sinne von: “Der wo die Greta da nach Übbersee geschippert hat, hat e Team gehabt, des allesamt geflooche is’! Des war de Greta auch egal!!” Was Menschen zu diesem Scheiß veranlasst, habe ich meine Gedanken zu, mögen aber Psychologen besser beurteilen…

Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit sind Werte, die ich sehr hoch halte. Werte, Ideale, wo bleibt da der Spaß? Der Humor? Genau da wo sich Anspruch und Wirklichkeit bricht. Genau da, wo Altruismus auf Egoismus, wo Gestalten auf Scheitern trifft, wo das Selbstbild Risse kriegt – ja zerbröselt – und man schlau genug ist, sich für die Satire und nicht für das Dogma zu entscheiden.

Und genau diese Haltung war ursächlich, um mich für das Leben als freischaffender Künstler zu entscheiden.

Thema Selbstverwirklichung: Ein ums andere Mal Repertoire vorzubereiten, das ich nicht mag, in Gruppen zusammen zu wirken, in denen die Niveaus heterogen verteilt sind (um es diplomatisch zu formulieren), Gigs zu durchleben, die einen auch mit einer vermeintlichen Jobkarriere, nach fast dreißig Jahren Berufserfahrung, immer noch den Weg zur Toilette als Umkleide weisen, Jobangebote für die tolle Werbung aber leider keine Gage, Sonderförz im Ablauf von Veranstaltungen, Tanzbär und nicht gefeierter Musiker zu sein… Das hat alles nix mit Selbstverwirklichung zu tun.

Und fordert mich als Berufstätigen genau so heraus, wie alle anderen Berufstätigen auch; die durch arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen allerdings gestärkt sind an Stellen Nein zu sagen, an denen ich als Freiberufler schlucke, mir den Arsch abwische und weiter mache.

Fällt mir schwer. Sehr schwer sogar! So schwer, dass ich mir dadurch manche Möglichkeit zum besseren Verdienst verbaut habe. So schwer, dass ich bisweilen ganz schön auf dem Arsch gelandet bin. So schwer, dass mir bisweilen ein Ruf voraus eilt. Aber verdammt, ich entscheide mich doch nicht für einen Weg, der auf Sicherheit verzichtet, der einen unsteten Lebenswandel mit sich bringt, der das soziale miteinander mit Familie und Freunden erschwert, um dann noch zu jedem Scheiß Ja und Amen zu sagen!!

Und mir dadurch an bestimmten Stellen wirtschaftlich geschadet zu haben, gleicht mein ungebrochenes Selbstbild locker wieder aus.

Der Kompromiss: Wenn Entscheidungen, die ich treffe von anderen wirtschaftlich aufgefangen werden müssten.

Also lasse ich mich natürlich an vielen Stellen auf Dinge ein, die ich an sich nicht machen möchte, nehme ich bestimmte unliebsame Alltäglichkeiten immer wieder in Kauf.

Und jetzt?

Corona!

Nervige Gigs, anstrengende Gigs, herausfordernde Gigs, erfolglose Gigs, Gigs im Siff, ja gibt’s alles… Aber besser als gar keine Gigs!

Und über die Jahre habe ich mir einen Alltag gebaut, der meinen musikalischen Neigungen, meinen Ansprüchen, meinen Vorlieben immer mehr gerecht wird. Ich habe Achtsamkeit, Demut, Wertschätzung, Abgrenzung und einzuschätzen gelernt, in wen und was es sich zu investieren lohnt. Habe dabei ein Kind gemeinsam mit meiner Frau groß gezogen und setze mich vor allem mit FluXmeister ein, um Haltung zu zeigen und zum Besinnen einzuladen. Einen Schritt zurück zu treten, um persönliche und gesellschaftliche Wirkungsweisen zu reflektieren, zu hinterfragen und zu überdenken.

Dafür braucht es im Moment FluXmeister nicht.

Wenn man es positiv sehen will, bietet sich diese Chance ganz unabhängig eines kritischen Kulturbetriebes.

Aber der Kulturbetrieb braucht jetzt Euch!!! Und einen Staat, der bereit ist in mich, in uns Kulturschaffende zu investieren ohne etwas zurück zu verlangen. Wir Kulturschaffende geben viel. Und das z.B. auch ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld. Alleine die Stunden aufzuzählen, die aufgewendet werden, um mit dem Erarbeiten von hochkomplexen Fertigkeiten scheinbar mühelos zu unterhalten, Spaß zu bereiten, zu Irritieren, Anregung zu bieten, sein Selbstbild zu bilden und zu stärken, würden, übertragen auf eine “normale” Jobkarriere, fast mühelos einen Aufstieg in die Führungsetage mit sich bringen.

Das Ausprägen dieser Fertigkeiten erfordert ein hohes Maß an Selbstdisziplin, an Selbstorganisation, an Selbstreflexion und im Falle, dass man als Bandleader fungiert ein hohes Maß an Führungskompetenz. Man spielt nicht gemeinsam gut, indem man brüllt: “Scheiße, spielt jetzt verdammt noch mal gemeinsam gut!!!” Es braucht Klarheit, Selbstgewissheit, konkrete Vorstellungen und die Fähigkeit diese zu vermitteln, die Fähigkeit zu motivieren, das Definieren und Benennen gemeinsamer Ziele und das Organisieren starker gemeinsamer Momente. Und das gepaart mit dem aus künstlerischem Antrieb scheinbar naturgegebenen Selbstzweifel, der Bereitschaft sich immer wieder zu hinterfragen. In meiner Utopie sind es solche Menschen, die sich zur Führung eignen und nicht die, die durch materielle Güter Macht anhäufen, angeben und kompromittieren.

Ich könnte hier weiter der freischaffenden Kunst das Wort reden. Aber ich möchte konkret werden. Einen Vorschlag machen, wie möglich wäre uns über die Krise zu helfen:

Und zwar Ausgleichzahlungen für jeden dokumentierten Ausfall einer Gage. Eine Ausgleichzahlung, die nicht zurück erstattet werden muss! Und das in dem prozentualen Maß, dass auch für das Kurzarbeitergeld festgelegt ist. 60% für Singles, 67% für Leute mit Familie. Und das möglichst unkompliziert.

Ein ausgefallener Gig ist in aller Regel nicht in dem Maße nachzuholen, dass es keinen Verdienstausfall bedeutet! Wenn im Herbst gespielt wird, dann nicht gleich wieder im kommenden Frühjahr. Und wenn gänzlich aufs nächste Jahr verschoben wird, wäre das ohnehin das Rebooking gewesen, sprich die entsprechende Gage ist weg. Wenn man neues Terrain erobert hat, kann eine Absage ein Zurücksetzen auf Null bedeuten.

Und bei Krediten, egal in welcher Form, entstünde für viele KollegInnen auch nach der Krise existentieller Druck, da aus einem ausgefallenen Gig keine zwei neuen resultieren.

Nach meiner Einschätzung werden die Menschen nach der Krise zwar mit einer unglaublichen Euphorie – vielleicht ja sogar mit einer ganz neuen Wertschätzung – in die Clubs, Festivals, Bars, was auch immer gehen. Aber selbst wenn alles wieder etwas gelockert wird, gehe ich davon aus, dass eine gewisse Unsicherheit bleiben wird und es noch eine Zeit dauern wird, bis sich die Menschen wieder ungehemmt auf dichtes Beisammensein einlassen werden. Zumal bis zu einer flächendeckenden Durchseuchung noch mal eine zweite Krise im Herbst/ Winter kommen kann. Wir werden sehen.

Ich bin einverstanden mit unserem Staat. Ich kann die Maßnahmen nachvollziehen und kann auch meinerseits nur an die Solidarität appellieren. Wenn jetzt noch die Wertschätzung durch zeitnahe konkrete Unterstützung erfolgt, wende ich mich gelassen innerer Einkehr und kreativem Schaffen zu.

Bleibt Gesund und geduldig!

Joachim